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Und? Schon Hausaufgaben in Digitalisierung gemacht?

E67: Was macht eine gute und innovative Software aus? – Heiko Müller (HEC)

Bessere Dienstleistungen und Produkte, eine effizientere Produktion, eine höhere Auslastung und engere Kommunikation – die Digitalisierung bietet ein riesiges Potenzial für Unternehmen. Doch vielen fehlt das erforderliche Wissen, um ihre Firma digital aufzustellen. Deshalb möchte die Firma HEC – ähnlich wie die Lionizers – ihre Kunden mit Beratung und Softwareentwicklung optimal auf dem Weg ins digitale Zeitalter begleiten.

Im Interview mit Nils erklärt der Team- und Accountmanager Heiko Müller, der schon über 25 Jahre bei HEC ist, wie sich Softwareentwicklung früher und heute unterscheidet, was eine erfolgreiche Software ausmacht und was Innovation tatsächlich ist.

Digitalisierung früher und heute

Auch wenn Digitalisierung erst in den vergangenen Jahren zum Megatrend avanciert ist, gibt es die Idee dahinter schon deutlich länger. Denn bei der Digitalisierung geht es laut Müller in erster Linie darum, manuelle Prozesse, die durch Friktion und Medienbrüche gekennzeichnet sind, zu automatisieren und sie dadurch flüssiger und sauberer zu machen. Das habe man auch schon vor 25 Jahren versucht – allerdings damals noch unter der Bezeichnung „elektronische Datenverarbeitung“.

Während sich an der Grundidee dahinter im Laufe der Jahre kaum etwas verändert hat, hat sich die Art der Umsetzung ganz erheblich gewandelt. Besonders gut zu sehen ist das am Beispiel der Softwareentwicklung. Früher sei es durchaus üblich gewesen, ein halbes Jahr oder mehr für die Softwarekonzeption und das Schreiben von Lasten- und Pflichtenheften zu veranschlagen. Heute hingegen erwarte der Kunde eine fertige Software in wenigen Monaten.

Die Softwareentwicklung ist aber nicht nur sehr viel schneller geworden, sondern auch deutlich agiler. Der Anwender wird heute erheblich stärker einbezogen: „Es reicht nicht mehr, sich hinzusetzen, eine Konzeption zu machen und das dann zu implementieren, in der Hoffnung, dass es dem Kunden gefällt“, erklärt Müller. „Wir müssen sehr viel stärker in die Interaktion rein und gucken, wie die Menschen mit der Software arbeiten und welche Erwartungen sie haben.“ Der sogenannte Gemba Walk, also der Besuch der tatsächlichen Arbeitsorte des Anwenders und der „Blick über die Schulter“ während der Arbeit seien entscheidend, um eine erfolgreiche Software zu gestalten.

Gesteigerte Erwartungshaltung

Ein weiterer Aspekt, der sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten fundamental gewandelt habe, sei die Erwartungshaltung der Software-Nutzer: Heute müsse eine Software erheblich mehr leisten als früher und eine deutlich größere Grundfunktionalität mitbringen. Viele Leistungsmerkmale brauchen laut Müller nicht mehr explizit hervorgehoben werden, stattdessen müssen sie „halt einfach da sein“.

Umso wichtiger sei es heute, die Vorteile der Individualsoftware zu erklären. Denn viele Kunden hätten das Gefühl, dass es für alles schon fertige Programme gebe, die man nur noch installieren müsse. Das Problem dabei ist Müller zufolge, dass die Software nicht ideal auf die individuellen Abläufe im Unternehmen abgestimmt ist – und deshalb eigentlich gut laufende und seit Jahren etablierte Prozesse an die Software angepasst werden müssen. Das habe eine Gleichförmigkeit zur Folge, die Müller als „Software-Sozialismus“ bezeichnet.

Individualsoftware und Innovation

Eine Individualsoftware hingegen könne nicht nur optimal auf Unternehmensabläufe zugeschnitten werden, sie biete Firmen außerdem die Möglichkeit, sich vom Markt abzuheben. Denn eine solche Software sei automatisch innovativ. Zumindest dann, wenn man unter „innovativ“ nicht – wie heute üblich – „disruptiv“ versteht, sondern den Innovationsbegriff des Wirtschaftswissenschaftlers Joseph Schumpeter zugrunde legt. Schumpeter versteht unter „Innovation“ schlicht etwas, das neu und zugleich wirtschaftlich ist. Und da niemand eine Individualsoftware entwickelt und implementieret, die nicht wirtschaftlich ist, ist geradezu jede individuelle Softwarelösung auch innovativ.

Das wiederum ist laut Müller letztlich oft wichtiger als disruptiv zu sein. Zum einen gebe es nicht jede Branche her, disruptive – also sich selbst kannibalisierende – Geschäftsmodelle zu entwickeln. Zum anderen würden es Unternehmen durch innovative, gewinnbringende Software schaffen, Dinge tatsächlich anders und besser zu machen als ihre Wettbewerber.

Der Softwareentwickler als Berater

Um herauszufinden, was ein Unternehmen in Sachen Digitalisierung wirklich braucht und wie die wichtigsten Schritte aussehen könnten, sollte zunächst ein digitaler Bebauungsplan erstellt werden. Konkret bedeutet das: Man analysiert, mit welchen Software-Lösungen, Tools und Plattformen gearbeitet wird, und man schaut sich die Prozesse und Prozessketten sowie Schnittstellen an. Basierend darauf wird eine IST-Bebauung erstellt, aus der dann eine SOLL-Bebauung, also die Ziel-Situation, entwickelt wird. Anhand der SOLL-Bebauung wird geprüft, welche Software-Bestandteile, Module und Funktionalitäten benötigt werden. Zudem wird priorisiert und festgelegt, welche Aspekte als erstes angegangen werden sollten. Der Fokus sollte dabei laut Müller auf den „low hanging fruits“ liegen: auf Projekten und Maßnahmen also mit vergleichsweise geringem (finanziellen) Aufwand und hoher Hebelwirkung.

Damit man den Kunden bei diesem Prozess ideal betreuen kann, ist es heute laut Müller wichtiger denn je, sich nicht nur mit der eigentlichen Softwareentwicklung auszukennen, sondern auch immer wieder über den Tellerrand zu schauen und sich intensiv mit der Arbeit des Kunden auseinanderzusetzen: „Ein Softwareentwickler im 21. Jahrhundert muss die Eigenschaft haben, permanent neugierig zu sein. Und das nicht nur auf seine eigene Software-Domäne, sondern
auch im Anwendungskontext“, so Müller. Er müsse heute also viel stärker als Berater und adäquater Ansprechpartner fungieren und auch in den Disput mit dem Kunden gehen. Nur dann könne er tatsächlich innovative Software für den Kunden bauen.

Viel Spaß beim Zuhören!

Links aus dem Interview: