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Überlebensfragen: Was treibt euch an? Wie geht Ihr vor? Wohin wollt Ihr?

E61: Was kann der deutsche Mittelstand vom Silicon Valley lernen? – Robert Grimm (Multiversum Managementberatung)

Was kann der deutsche Mittelstand von amerikanischen Start-ups lernen? Und lässt sich das Erfolgsmodell Silicon Valley auf Deutschland übertragen? Auf der Suche nach Antworten zu diesen Fragen ist Robert Grimm, Gründer und Geschäftsführer der Managementberatung Multiversum, mehrere Wochen durch das Silicon Valley gereist. Von seinen Erkenntnissen erzählt Grimm im aktuellen Interview auf „Wege der Digitalisierung“.

Der unbändige Glaube an Digitalität und Technik

„Was ist das Erfolgsrezept des Silicon Valley?“ Mit dieser Frage im Hinterkopf hat Grimm die verschiedensten Unternehmen im Silicon Valley besucht und analysiert – vom jungen Start-up bis hin zum milliardenschweren Konzern. Seine Antwort: Es ist vor allem der unbändige Glaube an die Digitalität und den Fortschritt der Technik, der als Antriebsmotor im Silicon Valley fungiert.

Grimm veranschaulicht das an einem Beispiel: Wenn ein Unternehmer eine Idee habe, werde im Silicon Valley typischerweise nicht lange darüber nachgedacht, wie die Idee heute umgesetzt werden könnte. Stattdessen werde antizipiert, welche Mittel und Möglichkeiten die Technologie in zwei Jahren biete, wenn das Produkt auf den Markt gehen und gelauncht werden soll. In diesem Zeitraum könne sich die Technik geradezu exponentiell weiterentwickeln, wie es etwa das Mooresche Gesetz zeige. Es sei dieses in die Zukunft gerichtete Mindset, das wirklich Großes ermögliche.

Ein weiterer Vorteil, den die Unternehmen im Silicon Valley vielen deutschen Mittelständlern voraushaben, ist laut Grimm die andere Art und Weise miteinander zu arbeiten: das agile, sehr flexible Denken und der andere Umgang mit Fehlern ebenso sowie das deutliche Herausstellen dessen, wofür ein Unternehmen steht und wofür es eben nicht steht, wie es exemplarisch Unternehmenslenker wie Elon Musk und Jeff Bezos vorleben.

Zudem ist das Silicon Valley räumlich sehr konzentriert. Die Start-ups und Unternehmen befinden sich in unmittelbarer Nähe zueinander. Entsprechend einfach ist es hier auch für Firmen, gute Mitarbeiter zu finden. Denn, genau wie die Unternehmen, konzentrieren sich auch die Fachkräfte auf das Silicon Valley. Sie wissen, dass sie hier die besten Chancen haben, um Karriere zu machen, aber auch um sich weiterzuentwickeln und die neusten Entwicklungen am Markt miterleben zu können.

Von der digitalen Provinz ins „Silicon Germany“?

Genau hier liegt ein wesentliches Problem des deutschen Mittelstands. Denn dieser ist oft im Hinterland verstreut. Eine der drängendsten Fragen lautet deshalb Grimm zufolge: „Wo liegt eigentlich das Silicon Germany?“ Und: Wie können wir die Voraussetzungen schaffen, um ein Technologie-Hub wie das Silicon Valley hierzulande zu ermöglichen?

Für Grimm steht fest, dass es mit einem WeWork-Space allein nicht getan ist. Zudem reiche es nicht aus, wenn sich bestimmte Branchen an einem Ort konzentrierten, wie es etwa in München mit der Automobil-Industrie der Fall sei.

Wichtig sei vielmehr die Überschneidung verschiedener Bereiche. Zudem sei die Möglichkeit des Austauschs zwischen Start-Ups, Wissenschaft und großen DAX-Unternehmen ein entscheidender Innovationstreiber. Ob Berlin dafür den geeigneten Nährboden liefert, ist laut Grimm zumindest fraglich.

Grundsätzlich kann sich der Unternehmensberater zwar auch einen digitalen Ort des Austauschs vorstellen. Zumindest in der nahen Zukunft sei das Physische aber nicht wegzudenken: „Virtualität in jeder Form schafft ja auch eine gewisse Präsenz“, so Grimm. „Wenn man sich dann per Hologramm unterhält, kann ich mir das sehr wohl vorstellen.“ Bis es so weit sei, müsse aber eine Zwischenlösung her, bei der die persönliche Begegnung eine wichtige Rolle spiele.

Die Grundweisheit der Digitalisierung: „Warten kostet!“

Eine weitere Herausforderung, mit der deutsche Mittelständler zu kämpfen hätten, sei der richtige Umgang mit der Digitalisierung. Zwar sei es falsch, nun in puren Aktionismus zu verfallen. Gleichzeitig müsse jedem Unternehmer aber klar sein, dass warten kostet. Viele Unternehmenslenker würden die aktuellen Trends lieber noch eine Weile beobachten, anstatt zu handeln. Dieser Stillstand sei aber genauso verkehrt wie der Aktionismus. Stattdessen müssten sich Firmen Klarheit darüber verschaffen, wo ihre Reise hingehen soll – und dann behutsam die sicheren nächsten Schritte gehen.

Viel Spaß beim Zuhören!

Links aus dem Interview:

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